BPAN-Forschungsprojekt gefördert: Eisen und Neurodegeneration

BPAN-Forschungsprojekt gefördert: Eisen und Neurodegeneration

Auch 2019 hat unsere italienische Schwesterorganisation AISNAF wieder eine internationale Ausschreibung für die BPAN-Forschung geleitet. Diese konnte Ende Juli mit der Finanzierung eines neuen Forschungsprojekts zu BPAN abgeschlossen werden. Dank der gemeinsamen Bemühungen von AISNAF, Hoffnungsbaum (HoBa, Deutschland) und der NBIA Disorders Association (NBIA DA, USA) und nach einer zweistufigen Evaluierung durch Wissenschaftler und Patientenvertreter erzielte das von der Forscherin Lena Burbulla vorgestellte Projekt einen einstimmigen Konsens und erhält nun 65.000 Euro an Fördermitteln für einen Zeitraum von 18 Monaten.

Ziel von Burbulla, Professorin an der Northwestern University of Chicago (Illinois, USA), ist es, die Mechanismen zu definieren, die zur Entstehung und zum Fortschreiten von BPAN führen, wobei der Schwerpunkt auf der Rolle von Eisen für die Krankheit liegt. All dies basiert auf soliden vorläufigen Daten, die zeigen, wie der Funktionsverlust des bei BPAN-Patienten mutierten Proteins WIPI4/WDR45 dazu führt, dass Zellen nicht in der Lage sind, eisenhaltige Makromoleküle und Organellen abzubauen, was ihre Wiederverwertung reduziert.

Eisen ist ein wesentliches Element des Zelllebens, aber sein Pegel muss fein eingestellt werden, da „freies“ Eisen sehr reaktiv ist und potenziell destruktiv wirken kann. „Wenn es in die Zellen gelangt, wird Eisen in die Mitochondrien, die Zellkraftwerke, eingebaut oder von speziellen Proteinen, den Ferritinen, gespeichert. Mitochondrien und Ferritine stellen daher die eisenreichen zellulärenMakromoleküle dar: Sie können durch Autophagie abgebaut werden und Eisen freisetzen, das so bioverfügbar wird“, erklärt Burbulla. Die innovative Hypothese der Wissenschaftlerin basiert auf der Idee, dass die Krankheitsbildung von BPAN nicht so sehr auf einer Anhäufung von Eisen beruht, sondern auf einem Defizit an bioverfügbarem Eisen, das die Zellen für ihr richtiges Funktionieren benötigen. Um diese Hypothese zu überprüfen, hat Burbulla eine Reihe von Experimenten an Neuronen geplant, die aus den sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) hergestellt werden, die aus kleinen Hautproben von BPAN-Patienten gewonnen werden. Der Vorteil dieser Technik besteht darin, dass die Krankheitsursachen direkt in den erkrankten Zellen, allerdings ohne invasive Eingriffe, nachgewiesen werden können.Sobald die Mechanismen identifiziert sind, die die Anhäufung von nicht verwertbarem Eisen auf der einen Seite und den Mangel an bioverfügbarem Eisen auf der anderen Seite verursachen, wollen die Forscher um Burbulla neue Therapieansätze testen und dabei innovative Technologien wie dreidimensionale Gehirnorganoide einsetzen, die im Labor nachahmen, was in den Bereichen des Gehirns passiert, die bei BPAN-Patienten am meisten betroffen sind.

Diese Studie wird die Grundlagen für die Identifizierung potenzieller therapeutischer Ziele für die zukünftige Entwicklung einer Heilung von BPAN schaffen. Es wird aber auch wichtig sein, das Verständnis für den Zusammenhang zwischen Eisen und Neurodegeneration zu verbessern, der sich auch auf andere Formen von NBIA übertragen lässt.

PKAN: Ergebnisse von klinischer Studie mit Deferipron

PKAN: Ergebnisse von klinischer Studie mit Deferipron

Von 2011 – 2015 wurde das internationale NBIA-Forschungsprojekt TIRCON (Treat Iron-Related Childhood-Onset Neurodegeneration) von der Europäischen Union finanziell gefördert. Ein wesentliches TIRCON-Teilprojekt war eine Klinische Studie zur Untersuchung der Sicherheit und Wirksamkeit des Eisenchelators Deferipron bei PKAN-Patienten. Diese Studie bestand aus zwei Schritten:

  1. einer randomisierten, doppelblinden,Placebo-kontrollierten Studie von 18 Monaten pro Patient (pP)
  2. einer anschließenden 18-monatigen (pP) offenen Verlängerungsstudie für vorherige Studienteilnehmer.

Es gab vier klinische TIRCON-Zentren in Deutschland, Italien,England und den USA.

Daten von bis zu 88 Patienten im placebo-kontrollierten Teil der Studie und von bis zu 62 Patienten in der Verlängerungsstudie konnten ausgewertet werden. Mit der letzten Patientenvisite Mitte März 2018 war die insgesamt über drei Jahre laufende zweistufige Studie abgeschlossen.

Deferipron wurde überwiegend gut vertragen. Zu den Deferipron-spezifischen Nebenwirkungen gehörten u.a. eine milde bis mäßige Anämie, leicht erniedrigtes Serum-Ferritin und ein leichter Eisenmangel. Dies konnte während der Studie mit Eisenergänzungsmitteln behandelt werden.

Bei 40 Patienten wurden im ersten Teil der Studie die Eisenkonzentrationen im Globus Pallidus mit MRT untersucht.Während sich diese in der Gruppe der Patienten mit Placebo nicht änderten, nahm die Eisenmenge in der Deferiprone-Gruppe deutlich ab.

Für die klinischen Untersuchungen wurden verschiedene Skalen zur Messung von Veränderungen im Studienverlauf eingesetzt. Die Barry-Albright-Dystonie-Skala stellte den primären Endpunkt dar. Hinzu kamen als sekundäre Endpunkte u.a. Skalen zur Erfassung von Parkinson-Symptomen und von Faktoren wie funktionaler Selbständigkeit oder Lebensqualität.

Obwohl während der Studiendauer bei allen Patienten die Erkrankung weiter voranschritt, ergab die Studie insgesamt Hinweise darauf, dass Deferipron –im Gegensatz zum Placebo- bei PKAN-Patienten das Fortschreiten der Erkrankung höchstwahrscheinlich verzögern kann, insbesondere, wenn man nicht nur den primären Endpunkt, die BAD-Skala, betrachtet, sondern auch die sekundären Endpunkte der anderen Skalen miteinbezieht.

Diese verzögernde Auswirkung des Eisenchelators auf den klinischen Verlauf wurde mit größerer Deutlichkeit in der Untergruppe von Patienten mit atypischer PKAN beobachtet und anschließend in der Verlängerungsstudie bestätigt. Bei Patienten, die im randomisierten Teil der Studie Placebo erhalten hatten, verzögerte sich dann der Krankheitsverlauf in der Verlängerungsstudie im Vergleich zu den ersten 18 Monaten unter Placebo. Der mögliche positive Effekt von Deferipron kam auch darin zum Ausdruck, dass Patienten, die das Medikament einnahmen, z.T. ihre übliche Dystonie-Medikation reduzieren konnten.

In die Studie waren zahlreiche Patienten mit bereits weit fortgeschrittener PKAN eingeschlossen. Mit zunehmender Neurodegeneration sinkt jedoch der zu erwartende positive Effekt von Medikamenten. Daher ist für die Zukunft zu erwägen, ob nicht ein früherer Einsatz von Deferipron, wenn noch weniger durch das Eisen verursachte Schäden vorliegen, die positive Wirkung im Sinne einer Verlangsamung des Krankheitsverlaufs verstärken könnte.

Wer mehr über die Studie erfahren möchte, findet bei The Lancet Neurology die Zusammenfassung des englischen Originalartikels. Leider steht der vollständige Artikel nicht kostenlos online im Open Access zur Verfügung. Interessenten können sich für weitere Informationen zum Artikel aber gern an info@hoffnungsbaum.de wenden.

Benefizaktion „Gemeinsam stark für Maya“ für die MPAN-Forschung

Benefizaktion „Gemeinsam stark für Maya“ für die MPAN-Forschung

In Lauterbach wurde am 1. Juni 2019 eine große Benefizveranstaltung durchgeführt. Das Schicksal der 12jährigen Maya, die an der NBIA-Variante MPAN erkrankt ist, bewegt den ganzen Ort, viele weitere Menschen im Saarland und darüber hinaus. Sie alle möchten Maya und ihren Leidensgenossen mit MPAN helfen und so sind schon viele Spendengelder zusammengekommen. Die beste Hilfe ist natürlich eine wirksame Therapie, die den schlimmen Krankheitsverlauf aufhält. Aber eine solche Therapie gibt es noch nicht. Dafür ist umfangreiche und zeitaufwendige weitere Forschung nötig.

Denn bei MPAN gibt es große Forschungsdefizite, weil zu wenige Forscher weltweit daran arbeiten, die finanziellen Mittel für die Durchführung nachhaltiger, aussichtsreicher MPAN-Projekte bisher nicht ausreichten und insbesondere wesentliche Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung noch fehlen, um einen Durchbruch zu erzielen.
Stephanie Matthiesen, Mayas Mutter, berichtet in bewegenden Worten über die große Hilfsbereitschaft der Menschen in ihrer Region: „Edeltraud Closen vom Gasthaus zum Warndt hatte unsere Maya anfangs noch nicht persönlich gekannt. Und dennoch haben sie und ihr Team mit toller Unterstützung der Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Lauterbach innerhalb von knapp 2 Monaten ein Benefizfest für Maya auf die Beine gestellt, das seinesgleichen sucht: inklusive Straßensperrung, riesiger Tombola mit tollen Gewinnen von fantastischen Sponsoren und tollen Auftritten über den ganzen Tag hinweg. Für Essen und Trinken war bestens gesorgt und die Kinder konnten sich auf der Hüpfburg und an einer Feuerwehrleiter sowie beim Kistenstapeln austoben. Unfassbar viele Menschen waren da und jeder hat mit ganzem Einsatz mitgeholfen und ausgelassen mitgefeiert. Jede Umarmung, jedes liebe Wort und jedes Lächeln hat uns gut getan. Wir sind sehr dankbar dafür.“

„Der Erlös der Veranstaltung ist der totale Wahnsinn“, fügt sie hinzu. „Mehr als 19.000 Euro sind durch dieses Fest erzielt worden für die Forschung. Mit diesem Betrag vom Fest und den weiterhin von uns generierten Geldern haben wir bisher den unglaublichen Spendenbetrag von mehr als 120.000 Euro erreichen können. Das erfüllt uns mit Hoffnung, dass die MPAN-Forschung dadurch einen Anschub und nachhaltigen Auftrieb erfährt. Wir danken herzlich allen unseren Spendern“.

Hoffnungsbaum e.V. bemüht sich nach Kräften darum, die für die MPAN-Forschung nunmehr verfügbaren Mittel baldmöglichst für qualitätsgeprüfte Forschungsprojekte zu verwenden. Erforderlich sind Projekte, die die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen bei MPAN aufklären, potentielle Therapieoptionen identifizieren oder in klinischen Studien die Wirksamkeit und Sicherheit von neuen Therapieansätzen überprüfen können. Das in der Benefizaktion gesammelte Geld wird einen substantiellen Beitrag dazu leisten.

MPAN kann auch autosomal dominant vererbt werden

MPAN kann auch autosomal dominant vererbt werden

Die NBIA-Forschungsgruppe von Dr. Susan Hayflick an der Oregon Health & Science University in Portland (OR, USA) hat herausgefunden, dass die Mitochondrienmembran-Protein-Assoziierte Neurodegeneration (MPAN) auch autosomal dominant vererbt werden kann. MPAN gehört zu den vier häufigsten NBIA-Varianten und wird durch Mutationen im Gen C19orf12 verursacht. Bisher wurde angenommen, dass die Erkrankung ausschließlich autosomal rezessiv vererbt wird. D.h. es müssen 2 Mutationen vorhanden sein, um die Erkrankung auszulösen, jeweils eine vom Vater und von der Mutter. In einer neuen Publikation weisen Hayflick und ihr Team jedoch nach, dass es daneben eine Reihe von MPAN-Patienten gibt, bei denen schon eine Mutation allein die Krankheit mit den für MPAN typischen Symptomen auslösen kann. Es konnten auch vereinzelt Mutationen nachgewiesen werden, die nicht vererbt, sondern bei den Patienten neu aufgetreten sind, sogenannte de novo-Mutationen.

Auswirkungen auf Diagnostik und genetische Beratung

Diese Forschungsergebnisse haben Auswirkungen auf die Diagnostik und genetische Beratung von MPAN-Patienten und ihren Familien. Wenn bei einem Patienten mit klinischen MPAN-Symptomen eine einzige MPAN-Mutation entdeckt wird, muss der behandelnde Arzt bei der Differentialdiagnose eine autosomal dominante MPAN in Betracht ziehen. Der jeweilige Genotyp – so die Autoren des Artikels – kann dabei oft bereits Auskunft darüber geben, ob eine einzelne Mutation zur Auslösung der Erkrankung ausreicht. Da MPAN auch erst im Erwachsenenalter auftreten kann, haben die neuesten Erkenntnisse erhebliche Bedeutung für Betroffene der dominanten MPAN. Ihre Kinder haben ein erhöhtes Risiko, ebenfalls zu erkranken.

 

Bibliographische Angaben zum Artikel:
Gregory A, Lotia M, Jeong SY, Fox R, Zhen D, Sanford L, Hamada J,
Jahic A, Beetz C, Freed A, Kurian MA, Cullup T, van der Weijden MCM, Nguyen V, Setthavongsack N, Garcia D, Krajbich V, Pham T, Woltjer R, George BP, Minks KQ, Paciorkowski AR, Hogarth P, Jankovic J, Hayflick SJ. Autosomal dominant mitochondrial membrane protein-associated neurodegeneration (MPAN). Mol Genet Genomic Med. 2019 May 13;:e736.

Hier der Link zum Pubmed-abstract:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&dopt=Abstract&db=PubMed&list_uids=31087512 

Hier der Link zum vollständigen Artikel:
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/mgg3.736

Finanzierung eines zweiten PKAN-Projekts nach der Ausschreibung 2018

Finanzierung eines zweiten PKAN-Projekts nach der Ausschreibung 2018

Dario Finazzi und sein Team an der Universität Brescia werden für ihre Forschung zu PKAN-Zebrafischen von AISNAF, Hoffnungsbaum e.V. und NBIA Disorders Association unterstützt. Im Rahmen der gemeinsamen internationalen Förderinitiative 2018 war das von Lauriel Earley vorgestellte Projekt zur PKAN-Gentherapie vom Wissenschaftlichen Beirat sowie vom Beirat der Laien-Experten als förderwürdig eingestuft worden und hat die volle Finanzierung über 40.000 Euro erhalten.
Aber von den acht eingereichten Projekten in der gleichen Kategorie hatte ein anderes Projekt die Gutachter ebenfalls positiv beeindruckt. AISNAF, Hoffnungsbaum e.V. und der NBIA Disorders Association ist es gelungen, zusätzliche Mittel in Höhe von 22.000 € für das Projekt von Professor Dario Finazzi zur Verfügung zu stellen.

Dabei geht es um „Verständnis und Heilung von PKAN: Weiterentwicklungen zur phänotypischen Rettung eines Zebrafischmodells“.

Das Projekt konnte im Mai 2019 starten. Seine Originalität besteht in der Verwendung eines kleinen, aber besonders vorteilhaften Tiermodells, des sogenannten Zebrafisches. Es handelt sich um einen Süßwasserfisch, dessen Embryonen sich außerhalb der Mutter entwickeln und transparent sind, was die Beobachtung und Handhabung erleichtert. Finazzi und seine Mitarbeiter hatten bereits zuvor Zebrafische mit PANK2-Mutationen erzeugt und beschrieben klare Veränderungen des Nerven- und Gefäßsystems, u.a. Ödeme und Blutungen. Nun schlagen die Forscher vor, die Analyse abzuschließen und sich auf die Beurteilung von Coenzym A (CoA), Mitochondrien und motorischer Aktivität zu konzentrieren, allesamt veränderte Elemente bei PKAN.

Ein weiterer wichtiger Punkt des Projekts besteht in der Erforschung der molekularen Grundlagen der Defekte des Kreislaufsystems, der Entwicklung der Blutgefäße und der sie bildenden Zellen. Die gewonnenen Daten sind von großer Bedeutung für die Bestimmung neuer molekularer Ziele, um dem Entstehen und Fortschreiten von PKAN entgegenzuwirken. Ein wichtiger Aspekt wird auch die Entwicklung eines schnellen und zuverlässigen Systems zur systematischen Testung von Molekülen mit therapeutischem Potential. „Diese vorläufigen Daten sind unerlässlich, um weitere Mittel für die Finanzierung eines groß angelegten Screenings potenzieller therapeutischer Wirkstoffe zu erhalten“, sagt Finazzi und fügt hinzu: „Ich denke, dies ist eine aufregende Zeit für PKAN-Forscher, für Patienten und ihre Familien, denn wir haben eine solide Grundlage für eine mögliche Versorgung geschaffen und die Ziele sind näher denn je“.

Quelle: https://www.aisnaf.org/news/

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